A. Zajic: Inschriften des Politischen Bezirks Krems

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Titel
Die Inschriften des Bundeslandes Niederosterreich. Teil 3: Die Inschriften des Politischen Bezirks Krems


Autor(en)
Zajic, Andreas
Reihe
Die Deutschen Inschriften - Wiener Reihe
Anzahl Seiten
XCI, 671 S.
Preis
€ 79,00
Rezensiert für H-Soz-Kult von
Roman Zehetmayer, Niederösterreichisches Landesarchiv

Andreas Zajic, Mitarbeiter der Arbeitsgruppe Inschriften der Österreichischen Akademie der Wissenschaften, hat sich bereits durch einige Arbeiten über Inschriften und Grabdenkmäler als Geschichtsquellen einen Namen gemacht. In seiner nunmehr erschienenen ersten Edition werden die Inschriften des Verwaltungsbezirkes Krems(-Land) aufbereitet, der weite Teile der alten und zentralen Kulturlandschaft Wachau, das südöstliche Waldviertel und südlich der Donau etwa das 1083 gegründete und das Umland dominierende Kloster Göttweig umfasst. Es handelt sich also um eine für die Geschichte Niederösterreichs wichtige Region.

Zajic bietet in der umfassenden Einleitung zunächst einen sehr brauchbaren, teilweise auf eigener Quellenarbeit beruhenden Abriss der Geschichte der wichtigeren Inschriftenstandorte (Klöster, bedeutendere Kirchen, Adelssitze, Städte und größere Gemeinden) und stellt kurz die Auftraggeber und deren soziale Stellung vor. Von der anschließend behandelten nicht-originalen Überlieferung sind vor allem die späthumanistische Adelshistoriographie und barocke Aufzeichnungen aus dem Stift Göttweig zu erwähnen, wo die Mönche vor dem Abbruch des alten Konvents in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts Inschriften in größerer Anzahl sammelten. Detailliert geht Zajic auf die paläographische Entwicklung ein. Wichtig dabei sind neben den bemerkenswerten Erkenntnissen zur Schriftgeschichte die vorgebrachten Überlegungen zu einzelnen Werkstätten, denen einige Inschriften und zuweilen auch die künstlerische Ausführung der dazugehörenden Grabdenkmale zugeschrieben werden können (siehe unten die Bemerkung zu Kat. Nr. 377). Erwähnenswert ist, dass Zajic Zweifel an der bislang vermuteten führenden Rolle des Bildhauers Sigmund Rueders bei einer um 1500 überregional wirkenden Werkstätte anmeldet. Ausführlich geht Zajic weiter auf die Inschriftenträger und das Formular ein.

Nach der 90-seitigen Einleitung werden insgesamt 526 Inschriften bis 1650 katalogmäßig erfasst und gemäß den Richtlinien der Deutschen Inschriften-Reihe beschrieben. Einen guten Teil des spätmittelalterlichen Materials machen Grabplatten rittermäßiger Gefolgsleute vor allem der in der Wachau bis ins 14. bzw. 15. Jahrhundert dominierenden Herren von Kuenring und Maissau aus. Seit 1370 sind in größerer Zahl Grabdenkmale der Göttweiger Äbte von zuweilen herausragender Qualität bekannt. Von den überregional wichtigen Adelsfamilien haben sich vor allem von den Herren von Neidegg Grabdenkmale in größerer Zahl erhalten (seit 1388?). Aus dem 17. Jahrhundert sind mehrere nennenswerte Epitaphe der Freiherren von Kuefstein in Maria Laach überliefert, wobei besonders das bekannte Hoch- und Freigrab Hans Georgs erwähnenswert ist (Kat. Nr. 377). Zajic kann die Schrift der Werkstätte des Bildhauers Kilian Fuchs zuweisen, den er als ausführenden Künstler vorschlägt.

Beim ältesten Stück handelt es sich um eine anlässlich der Weihe durch Bischof Altmann von Passau wahrscheinlich 1078 angebrachte Inschrift in der ehemaligen Margaretenkapelle in Mautern. Mit Recht sieht Zajic darin ein weiteres Argument für einen echten Kern einer um 1140 auf 1083 gefälschten Urkunde des Stiftes Göttweig, da nun die damalige Existenz der in diesem Stück genannten Margaretenkapelle erwiesen ist. Die Inschrift ist nur zur Hälfte erhalten und wird umsichtig anhand von Vergleichsbeispielen ergänzt. Eine Frage wirft lediglich der als hier stehend angenommene Legatentitel auf, da Altmann diesen erst 1080 erhalten haben dürfte. Weiter erwähnenswert sind etwa eine Weihe-Inschrift samt Wappen des überregional bedeutenden Adeligen Leutold von Kuenring in der von diesem gestifteten Dürnsteiner Klarissenkirche aus dem Jahre 1304 (Kat. Nr. 5) oder Überlegungen Zajics zur Datierung der mit Inschriften versehenen Wandmalereien von Dross (Kat. Nr. 15) und zum Lebenslauf des "Propstes" des Kollegiatkapitels Dürnstein Stephan von Haslach, bei dem es sich um einen ehemaligen kuenringischen Notar handeln könnte. Zajic bezieht auch zur Frage des Künstlers des Maria Laacher Altars Stellung und kann Vermutungen, dass Einträge in einem Göttweiger Rechnungsbuch auf jenen zu beziehen sind, entkräften (Kat. Nr. 110). Anhand einer Inschrift kann erschlossen werden, dass um 1580 Veit Albrecht von Puchheim ein Haus in Raan zu einem Adelssitz aus- bzw. umbauen ließ (Kat. Nr. 300). Bemerkenswert für das späthumanistische Geschichtsbild sind zwischen 1564 und 1603 entstandene, nur kopial überlieferte Gemälde Göttweigs mit erklärenden Beischriften zur Frühgeschichte des Stifts (Kat. Nr. 362, 363, 364 und passim; zu ergänzen wäre, dass Kat. Nr. 364 auf den Inhalt der Traditionsnotiz Fontes rerum Austriacarum II/69 Nr. 265 Bezug nimmt). In zwei Fällen wurden außergewöhnlich große in der Donau gefangene Fische in Lebensgröße gemalt und beschrieben (Kat. Nr. 88, 505). Diese wenigen Beispiele mögen genügen, um einen Eindruck davon vermitteln, welch wichtiger Quellenbestand nicht nur für die Regional- und Lokalgeschichte mit dem Band erschlossen wurde.

Zajic versieht die einzelnen Katalognummern mit zumeist sehr umfangreichen und weiter ausholenden Kommentaren, die nicht selten auch aus entlegenen Quellen schöpfen. Er beweist dabei nicht nur bewundernswerte Kenntnisse als Historiker, Heraldiker, Paläograph oder Philologe, sondern erweist sich auch als kunsthistorisch versiert. Zu einigen, nicht zuletzt weniger bekannten Personen etwa des Niederadels oder der lokalen Geistlichkeit wurde ein großes Material zusammengetragen, so dass der Band auch zu einem höchst willkommenen biographischen Nachschlagewerk wird. Hilfreich sind die detaillierten Register (inklusive Nachzeichnungen der Hausmarken und Steinmetzzeichen). Erfreulich ist auch die großzügige Ausstattung mit 206 Schwarzweiß-Bildern. Kleinere Versehen sind in einem vorbildlichen Werk wie diesem unvermeidbar, halten sich aber sehr in Grenzen (Herzog-König Ottokar überließ 1272 den Nonnen von Imbach nur die niedere Gerichtsbarkeit, 860 bekam Salzburg in der Wachau insgesamt nur vier bislang zu Lehen ausgegebene Höfe zu Eigen, ob Leutold I. von Kuenring tatsächlich lesen und schreiben konnte, ist fraglich). Zu diskutieren wäre, ob für niederadelige Gefolgsleute tatsächlich der Begriff "Klienten" verwendet werden sollte.